270108_Shkoder_Burell
Albanien, So 27.1.08, Etappe Shkoder - Burell, ca. 75km
Der bisher intensivste Tag dieser Reise, nicht nur, weil ich nun alleine unterwegs bin und mich erst im letzten Moment entschliesse, die "unsichere" Bergvariante zu wählen. Und damit den möglichen gesundheitlichen Notausgang (Fähre ab Durres nach Bari) zuschlage... Kaum auf dem Strässchen durch die Schlucht der "Drin" gehts mir in jeder Beziehung besser (ausser einem Sturmwind, der mich manchmal vom Rad zu stossen droht) ist nun alles paletti - umso mehr, als ich in Burell ein Internet-Café und durch dessen Angestellten auch eine Unterkunft finde.. die bisher "originellste", aber auch meist geschätzte (da keinerlei Garantie, ich würde hier was finden). Bald kenne ich das halbe Städtchen, parliere in Italienisch, Französisch (na ja, dieser Typ könnte mir gestohlen bleiben), Englisch und Deutsch. Trotzdem verkrieche ich mich gegen 21 Uhr in den herrlich wärmenden Schlafsack - es geht nun wieder aufwärts!.
Tagebuch:>BR> Ein einsames Frühstück, ich bin der einzige Gast am Buffet, eine sehr teure Hotelrechnung (alleine zahle ich genau gleichviel wie für zwei – ausserdem 20 Euro für die von Adamo per Schieisshaustelefon organisierte Wäsche) - und dann muss ich meine sichere Zuflucht verlassen und stehe auf der Strasse. Zusammen mit tausenden anderer Menschen, die unterwegs sind oder mehrheitlich ganz einfach warten, warten auf ein besseres Leben.. Noch hab ich mich nicht entschieden, in die Berge ohne gesicherte Uebernachtung in Burrell, via Tirana auf der Hauptstrasse oder gar nach Durres, und ab dort die Fähre zurück nach Italien, um mich bei meinen Fratelli so richtig auszukurieren?
Nun, bis Lezhe sind alle drei Varianten dieselben – und ausserdem hab ich mir diese knapp 40 Kilometer als Minimalziel gesetzt, um dort allenfalls nochmals einen weiteren Regenerationshabtag einzulegen. Auf sehr guter Strasse geht es über die grosse Ebene entlang der omnipräsenten Drin (irgendwie ist dieser Fluss überall, in welche Richtung auch immer man unterwegs ist..), wenig Verkehr, keine Raser (im Gegensatz zu den zahllosen entsprechnden Warnungen..!!), dafür hie und da ein Maultiergespann oder ein hochbeladener Esel, hinter dem sich die tatsächlich fast ausschliesslich aus dem Hause Benz stammenden Autos stauen. Schneller als erwartet erreiche ich Lezhe, besichichtige kurz die Gedenkstätte an den Volkshelden.... ...... und fälle einen ersten Entscheid: Ich fahre weiter, einzig die Route bleibt noch unklar. Auf jeden Fall wechsle ich auf die parallel verlaufende Zweitklassstrasse – und bekomme das auch gleich zu spüren, die Schlaglöchsr machen ein schnelles Fortkommen unmöglich und erfordern ziemlich viel Konzentration. Aber es herrscht sozusagen gar kein Verkehr mehr, die Hügel rücken näher und bald schon kommt die Stunde der Wahrheit; ich stehe an der Brücke über über die aus den Bergen kommende Drin; links geht’s entsprechend hoch, geradeaus zurück auf die Hauptstrasse, welche mich nach 50km in Tirana ausspucken würde...
Der Lenker bewegt sich nach links; ich passiere das Dorf, hinter dem am Ufer des Flusses ein wilder ungepflegter Markt abgehalten wird – und finde mich plötzlich alleine in einer herrlichen Schlucht wieder, auf einer einigermassen sanft ansteigenden aber noch immer ruppigen Strasse. Und schlagartig fühle ich mich besser, ja sogar richtig gut. Die Bergwelt und die Einsamkeit bekommen mir! Nun weiss ich, es kommt gut so! Ein Bretterverschlag mit Dutzenden von Oelflaschen als Auslage erinnert mal wieder an Südamerika, zahlreiche kleine, teilweise improvisierte Beizen am Strassenrand mit Sicht auf die Schlucht bzw. den Fluss lassen von einem zukünftigen florierenden Tourismus träumen, Siedlungen auf den sanft abfallenden Hängen auf der anderen Flussseite wecken die Neugier, wie man dort in der beträchtlichen Abgeschiedenheit wohl lebt – kaum gedacht hält vor mir ein Lieferwagen, pilotiert den Wagen eine improvisierte Stichstrasse am diesseitiegen Hang hinunter, an dessen Ende (auf etwas halber Höhe zwischen Strasse und Fluss) die Ladung auf Maultiere umgeladen wird, die von den Bewohnern über eine lange Hängebrücke geleitet werden – mein „Entdeckergeist“ regt sich und freut sich über die neuen Eindrücke wie aus einer fernen Welt.
Ueber eine erste Staustufe (Enver Hodscha hat in seinem Verfolgungswahn nicht nur massenweise Bunker gebaut, sondern vernünftigerweise auch an eine gewisse Autarkie bei der Energieversorgung gedacht..) geht’s weiter in die Berge, Dörfer gibt es fast keine, nur einsame „Weiler“ dies- und jenseits des Flusses. Einzig die Grabsteine sind direkt an der Hauptstrasse aufgereiht, ich gehe davon aus, das sind nicht alles Opfer des Strassenverkehrs, sondern es wird so eine Art „Oeffentlichkeit“ hergestellt, damit die Leute wenigstens im Tod nicht völlig einsam liegen..?
Rechtzeitig vor der Dunkelheit (und der grossen Kälte) treffe ich in Burrell ein... mit einer gewissen Angst betreffend der Uebernachtungsmöglichkeit. Und wirklich, nirgends ist ein Hotel auszumachen, dafür einmal mehr stark bevölkerte (hauptsächlich Männer) Strassen, diverse dunkle Kneipen und... ein Internet-Café. Natürlich wird dies mein Anlaufpunkt.. und wirklich, der junge Kellner dort spricht zwar nur schlecht Englisch, auf meine Frage nach einem Hotel antwortet er aber „yes, we have..“ Was, wie und wo weiss ich zwar nicht, aber mich überkommt eine grosse Ruhe und Zuversicht, dass ich am richtigen Ort gelandet bin.
Nach kurzer Verpflegung, viel Parlieren mal wieder in allen mir irgendwie zur Verfügung stehenden Sprachen sowie im verrauchten Saal hinter dem eigentlichen Café (jeder Bildschirm besetzt von der Dorfjugend, die hier spielt und chattet) einer Internet-Session zwischendurch, um die Lieben daheim zu beruhigen und mich selbst etwas zu „erden“, Dies nachdem ich schon fast ins Dorfleben aufgenommen worden bin - und wahrscheinlich jeder weiss, dass da einer aus der „Schwiiz“ (etwas so betonen sie das..!) per Velo nach Burrell gekommen ist. Ich bin inzwischen hundemüde und werde von Fatmir, den Kollegen von Alcili, zu einem Haus geleitet, das offensichtlich als Schule gebraucht wird.
Vis-a-vis eines Klassenzimmers am langen Korridor gibt es ein Gästezimmer mit 4 Betten, von denen zwei schon belegt scheinen. Und wirklich, es sollen Polizisten hier wohnen, die aber momentan im Einsatz seien. Alles sieht sehr einfach und etwas chaotisch aus, aber ich fühl mich wohl, auch die gewöhnungsbedürftige Dusche (ein WC mit verbeultem Lavabo, an dem ein Duschschlauch befestigt ist) schreckt mich nicht ab – und wirklich, nachdem erst einmal eine funktionierende Glühbirne gefunden ist, lässt sich auch das Warmwasser nicht lumpen und ich bin einfach glücklich, gerade hier gelandet zu sein. Eingemümmelt in meinen Schlafsack hab ich nur noch eine Sorge; Fatmir will mich nach Feierabend (er erwähnt ca. 21 Uhr) zu einem Kaffee einladen, ich darf also nicht in einen Tiefschlaf verfallen. Aber weder Fatmir noch der/die Polizisten tauchen auf, ich falle in einen unruhigen Schlaf, der von klar an Gewehrschüsse erinnernde Knallereien auch nicht ruhiger wird...
Um ca. 23 Uhr geht dann doch die Tür auf.. zum Glück ist der arme Kerl nun selbst zu müde und wir verschieben den Kaffee auf den Morgen...
Read MoreTagebuch:>BR> Ein einsames Frühstück, ich bin der einzige Gast am Buffet, eine sehr teure Hotelrechnung (alleine zahle ich genau gleichviel wie für zwei – ausserdem 20 Euro für die von Adamo per Schieisshaustelefon organisierte Wäsche) - und dann muss ich meine sichere Zuflucht verlassen und stehe auf der Strasse. Zusammen mit tausenden anderer Menschen, die unterwegs sind oder mehrheitlich ganz einfach warten, warten auf ein besseres Leben.. Noch hab ich mich nicht entschieden, in die Berge ohne gesicherte Uebernachtung in Burrell, via Tirana auf der Hauptstrasse oder gar nach Durres, und ab dort die Fähre zurück nach Italien, um mich bei meinen Fratelli so richtig auszukurieren?
Nun, bis Lezhe sind alle drei Varianten dieselben – und ausserdem hab ich mir diese knapp 40 Kilometer als Minimalziel gesetzt, um dort allenfalls nochmals einen weiteren Regenerationshabtag einzulegen. Auf sehr guter Strasse geht es über die grosse Ebene entlang der omnipräsenten Drin (irgendwie ist dieser Fluss überall, in welche Richtung auch immer man unterwegs ist..), wenig Verkehr, keine Raser (im Gegensatz zu den zahllosen entsprechnden Warnungen..!!), dafür hie und da ein Maultiergespann oder ein hochbeladener Esel, hinter dem sich die tatsächlich fast ausschliesslich aus dem Hause Benz stammenden Autos stauen. Schneller als erwartet erreiche ich Lezhe, besichichtige kurz die Gedenkstätte an den Volkshelden.... ...... und fälle einen ersten Entscheid: Ich fahre weiter, einzig die Route bleibt noch unklar. Auf jeden Fall wechsle ich auf die parallel verlaufende Zweitklassstrasse – und bekomme das auch gleich zu spüren, die Schlaglöchsr machen ein schnelles Fortkommen unmöglich und erfordern ziemlich viel Konzentration. Aber es herrscht sozusagen gar kein Verkehr mehr, die Hügel rücken näher und bald schon kommt die Stunde der Wahrheit; ich stehe an der Brücke über über die aus den Bergen kommende Drin; links geht’s entsprechend hoch, geradeaus zurück auf die Hauptstrasse, welche mich nach 50km in Tirana ausspucken würde...
Der Lenker bewegt sich nach links; ich passiere das Dorf, hinter dem am Ufer des Flusses ein wilder ungepflegter Markt abgehalten wird – und finde mich plötzlich alleine in einer herrlichen Schlucht wieder, auf einer einigermassen sanft ansteigenden aber noch immer ruppigen Strasse. Und schlagartig fühle ich mich besser, ja sogar richtig gut. Die Bergwelt und die Einsamkeit bekommen mir! Nun weiss ich, es kommt gut so! Ein Bretterverschlag mit Dutzenden von Oelflaschen als Auslage erinnert mal wieder an Südamerika, zahlreiche kleine, teilweise improvisierte Beizen am Strassenrand mit Sicht auf die Schlucht bzw. den Fluss lassen von einem zukünftigen florierenden Tourismus träumen, Siedlungen auf den sanft abfallenden Hängen auf der anderen Flussseite wecken die Neugier, wie man dort in der beträchtlichen Abgeschiedenheit wohl lebt – kaum gedacht hält vor mir ein Lieferwagen, pilotiert den Wagen eine improvisierte Stichstrasse am diesseitiegen Hang hinunter, an dessen Ende (auf etwas halber Höhe zwischen Strasse und Fluss) die Ladung auf Maultiere umgeladen wird, die von den Bewohnern über eine lange Hängebrücke geleitet werden – mein „Entdeckergeist“ regt sich und freut sich über die neuen Eindrücke wie aus einer fernen Welt.
Ueber eine erste Staustufe (Enver Hodscha hat in seinem Verfolgungswahn nicht nur massenweise Bunker gebaut, sondern vernünftigerweise auch an eine gewisse Autarkie bei der Energieversorgung gedacht..) geht’s weiter in die Berge, Dörfer gibt es fast keine, nur einsame „Weiler“ dies- und jenseits des Flusses. Einzig die Grabsteine sind direkt an der Hauptstrasse aufgereiht, ich gehe davon aus, das sind nicht alles Opfer des Strassenverkehrs, sondern es wird so eine Art „Oeffentlichkeit“ hergestellt, damit die Leute wenigstens im Tod nicht völlig einsam liegen..?
Rechtzeitig vor der Dunkelheit (und der grossen Kälte) treffe ich in Burrell ein... mit einer gewissen Angst betreffend der Uebernachtungsmöglichkeit. Und wirklich, nirgends ist ein Hotel auszumachen, dafür einmal mehr stark bevölkerte (hauptsächlich Männer) Strassen, diverse dunkle Kneipen und... ein Internet-Café. Natürlich wird dies mein Anlaufpunkt.. und wirklich, der junge Kellner dort spricht zwar nur schlecht Englisch, auf meine Frage nach einem Hotel antwortet er aber „yes, we have..“ Was, wie und wo weiss ich zwar nicht, aber mich überkommt eine grosse Ruhe und Zuversicht, dass ich am richtigen Ort gelandet bin.
Nach kurzer Verpflegung, viel Parlieren mal wieder in allen mir irgendwie zur Verfügung stehenden Sprachen sowie im verrauchten Saal hinter dem eigentlichen Café (jeder Bildschirm besetzt von der Dorfjugend, die hier spielt und chattet) einer Internet-Session zwischendurch, um die Lieben daheim zu beruhigen und mich selbst etwas zu „erden“, Dies nachdem ich schon fast ins Dorfleben aufgenommen worden bin - und wahrscheinlich jeder weiss, dass da einer aus der „Schwiiz“ (etwas so betonen sie das..!) per Velo nach Burrell gekommen ist. Ich bin inzwischen hundemüde und werde von Fatmir, den Kollegen von Alcili, zu einem Haus geleitet, das offensichtlich als Schule gebraucht wird.
Vis-a-vis eines Klassenzimmers am langen Korridor gibt es ein Gästezimmer mit 4 Betten, von denen zwei schon belegt scheinen. Und wirklich, es sollen Polizisten hier wohnen, die aber momentan im Einsatz seien. Alles sieht sehr einfach und etwas chaotisch aus, aber ich fühl mich wohl, auch die gewöhnungsbedürftige Dusche (ein WC mit verbeultem Lavabo, an dem ein Duschschlauch befestigt ist) schreckt mich nicht ab – und wirklich, nachdem erst einmal eine funktionierende Glühbirne gefunden ist, lässt sich auch das Warmwasser nicht lumpen und ich bin einfach glücklich, gerade hier gelandet zu sein. Eingemümmelt in meinen Schlafsack hab ich nur noch eine Sorge; Fatmir will mich nach Feierabend (er erwähnt ca. 21 Uhr) zu einem Kaffee einladen, ich darf also nicht in einen Tiefschlaf verfallen. Aber weder Fatmir noch der/die Polizisten tauchen auf, ich falle in einen unruhigen Schlaf, der von klar an Gewehrschüsse erinnernde Knallereien auch nicht ruhiger wird...
Um ca. 23 Uhr geht dann doch die Tür auf.. zum Glück ist der arme Kerl nun selbst zu müde und wir verschieben den Kaffee auf den Morgen...